Archiv der Kategorie: Atem
Geschützt: Zueinander
Geschützt: Feueratem
Dunst
Dort wo die Luft weiß wird, wo die Feuchtigkeit in den Bäumen hängt, der Bach am Morgen über seine Ufer steigt, die Wege aufgeweicht, ziehe ich den Dunst in meine Lunge und ernähre mich von der Energie, die mich umgibt. Ich esse den Atem, kaue mich hindurch, verschlinge die wohlwollende Kraft. Ja, sie ist wohlwollend und lächelnd, groß und gewährend. Sie ist erfreut darüber, dass ich von dieser Anspannung loslasse, mit der ich am Morgen aufwache, zu der ich am Abend mich ins Bett lege. Die Anspannung, der ich zuerst kauend begegne, um dann weicher und weicher zu werden. Sie, die große wohlwollende Kraft, ist erfreut darüber, dass ich meine Lunge weiß werden lasse, so weiß wie die gesättigte Luft, von der Morgensonne beschienen. Sie ist erfreut darüber, dass ich eine jede Zelle in mir weiß werden lasse, aus der Zelle Kern heraus. So, wie es ein Kauen zuerst, ist es mit fortschreitender Dauer ein Lassen, ein Gewähren, ein Sich-Öffnen, ein Sich-Vergrößern. Und ich selbst werde wohlwollend in dieser Vergrößerung, um zu erinnern, wie verkleinert ich war. Wie selbst ich mich verkleinerte, in dieser Rast. Der Rast, die ich Meinen Tag nenne.
Und darum laufe!
Die hohe Kunst
Mit dem gesenkten Blick, dem verengten Sichtfeld auf den Bereich vor meinen Füßen, lasse ich die Erde unter mir hinwegströmen. Steine, Staub, Geröll, Gräser, Wurzeln, Pfützen. All dies in dem Strom meines Laufes, in den sich bildhaftes aus meinen Gedankengängen mit einfügt, um den Raum vollständig auszufüllen. Ich blicke nur dorthin. Ein ovaler Raum, vielleicht einen Meter vor meinen Füßen. Ich schirme mich völlig ab. Kein Blick weicht ab. Und ich folge einer inneren Erzählung. Sie kann sich aus all dem, was denkbar ist, speisen. Immer ist sie die Realisation des Wunsches von etwas, erzählt zu sein. Die Erzählung taucht auf, weil sie erzählt und von mir gehört sein will. Oft begegne ich im Zuhören Gefühlen der Reuhe und der Scham. Ich versuche sie sein zu lassen, nachdem ihnen hier mein Raum zur Verfügung gestellt war. Das gelingt meist ganz gut, denn in mir ist der Wunsch, es gut werden zu lassen und Frieden zu schließen. Dieser ovale Raum, einen Meter vor meinen Füßen ist ein Ort der Heilung, der Harmonisierung und ich erfahre immer wieder, in ihm aufzugehen und aus ihm gereinigt hervorzutreten. Dabei genügt es, einer einzigen Erzählung zu folgen. Um die Erzählung in der Tiefe aufzunehmen und vielleicht sogar zu verstehen, ist es sogar notwendig, dass ich mich auf diese eine Erzählung konzentriere. Die Bewegung, der Stoffwechsel, Atmung, Weg und mich Umgebendes, Pflanzen, Tiere, Menschen, Regen, Sonne, das Licht und sein Schatten, dies alles dient dieser einen Sache. Und es ist der Strom des Lebens, der unter mir fließt. Er ist vielschichtig, unfassbar, in steter Veränderung und in steter Bewegung. Ich laufe auf dem rauschenden Wasser dieses Stromes. Meine Füße fliegen über ihn hinweg, sodass sie seine Oberfläche gerade eben nicht berühren. Ich spüre die kühle feuchte Luft an mir aufsteigen. Ich darf nicht stehenbleiben. Ebensowenig darf ich nicht zu schnell laufen. Ich würde außer Atem geraten. Meine Geschwindigkeit soll so sein, dass ich nicht leide und reagieren kann, wenn es erforderlich ist. Ein wenig zu beschleunigen ist mir dann noch möglich. Nichts ist vorherzusehen, so ist es gut, ein wenig bereit zu sein. Ich laufe auf dem Wasser und bedenke die Metapher, so wie ich sie erzählt bekommen habe, neu. Über das Wasser laufen, auf den Wasser laufen … und nun leuchtet mir ein, dass damit gemeint sein kann, die rechte Geschwindigkeit zu wahren bei dem Lauf auf dem Strom des Lebens. Dem Lauf auf dem Strom des eigenen Lebens. So individuell und schön, wie ein jeder Mensch ist. Ohne dabei in dem Strom des Lebens zu ertrinken. In des Schwebe sich zu halten, in einer Harmonie mit dem Sein. Darin zu dem Strom selbst zu werden, der großen unermesslichen Kraft. Ein Prophet, der auf dem Wasser lauft. Ja, ein Wunder, welches einer Erzählung wert wäre. Doch wieviel mehr kann es für uns bedeuten, sei dies eine Metapher für die hohe Kunst des Seins. In dem Sein wirklich zu werden, in dem höchsten mir möglichen Potential.
Und darum laufe!
Geschützt: Der Strom
Geschützt: Fenster
Gefängnis
Ein mich begrenzender Raum. Wände, ungeschmückt. Um mich herum, so eng, dass ich gerade meine Arme ausbreiten kann, ohne sie zu berühren. Ich betrachte die Strukturen, weiße Wandfarbe, abgeblättert und wieder übermalt. Ein mich begrenzender Raum, und doch bin ich frei in ihm, in meinem Gefängnis, wenn ich ohne Ziel, ohne Absicht, empfänglich bin, der reine Atem.
Ein mich begrenzender Raum, sind es auch zehntausend Meter, die ich hier laufe in meinem Plan. Er ein Gefängnis mir ist, dieser Raum. Ich betrachte die Strukturen, braunes Laub des Vorjahres, verrottete Blattstrukturen, in Schlamm und Spur zerdrückt. Und doch bin ich frei in ihm, in meinem Gefängnis, wenn ich ohne Ziel, ohne Absicht, empfänglich bin, der reine Atem.
Und darum laufe!