Archiv für den Monat Dezember 2019
Landkarte
Eben noch lag wie auf einer Landkarte ein jeder Lebensmoment vor mir ausgebreitet. Ein Überblick vollkommen ungetrübt, rein und klar. Zeitliche Dimensionen liegen auf ihr gleichwertig und gleichwürdig nebeneinander. Hier und dort verteilt liegt Zukünftiges und Vergangenes nebeneinander wie Fallobst unter einem Apfelbaum. An manchen Stellen liegt vieles übereinander, an anderen Stellen ist die Karte leer. Und, um sie zu fassen, um die auf ihr eingetragenen Ereignisse zu ertragen, stelle ich mir vor, diese Karte einzurollen, eng und fest. So eng, dass sie zu einem Stab wird, von der Länge meines Armes. Ein aus sich selbst heraus leuchtender Stab in meiner Hand – und mit einem Mal trete ich über eine riesige Schwelle und gelange in ein Zwischenreich. Ich bemerke hinübergetreten zu sein, ohne eine Frage, die ich beantwortet wissen will. Immer war dies der Grund für das Übertreten einer Schwelle. Für das Betreten des Zwischenreiches. Immer kam ich mit einer Frage und immer erhielt ich eine Antwort im Spiegel der Natur. Ich denke nach: Welche Frage ist es, die mich in diesem Moment am meisten bewegt? Und bekomme in völliger Klarheit sofort die Frage eingegeben: Welches ist die Kugel zu dem Stab in Deiner Rechten, die in Deiner Linken ruhen wird? Ich wende mich um in Richtung der von mir übertretenen Schwelle und der fahl blasse Ball der Sonne sich über ihr erhebt.
Und darum laufe!