Ein Geist des Waldes

Ich lief und in der Tiefe des Waldes bemerkte ich eine Erscheinung, die zu beschreiben mir unmöglich ist. Ganz sicher war ich, daß es sich um einen Geist – in welcher Form auch immer – handelte. Der Geist war in Not und bat mich um Hilfe und so half ich, wie ich jedem anderen in dieser Lage geholfen hätte. Ohne Absicht, ohne Erwartung, ohne Hoffnung auf Ertrag oder Erkenntnis. Der Geist war bald seiner Not erlöst und dankte, indem er versprach drei Wünsche zu erfüllen – dies läge in seiner Macht. Ich sagte: Warum drei? Einer genügt vollkommen und ob ich dessen Erfüllung benötigen würde, bin ich mir dabei nicht einmal sicher. Er zögerte kurz. Nun Gut sagte er darauf, also einer, was wünschst Du Dir? Da ich mich mit meinen Wünschen, der Sehnsucht und ihrer Erfüllung, dem Wesen der Begierde zudem bereits auf dem Wege durch den Wald kurz vor der Begegnung mit dieser Erscheinung beschäftigt hatte, zudem die zwei Korrektur- oder Ergänzungsmöglichkeiten aus freien Stücken hingegeben hatte, versuchte ich in diesem Moment, in dem das gesprochene Wort zu Realität werden würde, es besonders geschickt anzustellen und sagte: Ich wünsche mir die höchste Erfüllung, die vollkommene Glückseligkeit, das Erreichen meines höchsten Potentiales, leichter zu werden, zu reinem Licht letztendlich …;

So soll es sein! sprach der Geist und mit einem Blitz fand ich mich versetzt in mein Leben, in dieser Zeit, in diesem Zustand, in diesen Bedingungen, genau hier, jetzt, nun, unter diesem Namen, mit all den Leiden, Hoffnungen, Wünschen und Träumen wie zuvor. Und ich lief, war laufend auf halber Strecke. Das war ein schönes Gefühl Und ich lief weiter, als wäre nichts gewesen.

Und darum laufe!

Lauftechnik – Die Stille

Lauf, wenn Du läufst, so still es nur geht. So leis, wie nur möglich. So sanft, wie nur möglich – fliege geradezu. Vom Atmen will ich hier nicht reden. Ich rede vom Setzen des Fußes auf den Untergrund. Ist es – das Setzen – so leis, daß Passanten Dich nicht hören, sie Dich nicht bemerken, wenn Du Dich von hinten ihnen annäherst, dann ist es gut. Denn jedes Geräusch ist Energie, über die Du verfügen könntest, wäre sie hier nicht in Schall gewandelt. Du könntest diese Energie aufbringen, um Dich vom Boden abzudrücken, Dich schweben zu lassen. Ist es so leis, Dein Laufen, daß der Zaunkönig von dem Schatten nur, den Du auf ihn wirfst, aufmerkt, so ist es gut. Kein Geräusch hat ihn gewarnt. Nichts eilte Dir voraus.

Jetzt laufe nicht etwa so, weil es Dir zugute käme, weil es Gelenke, Knochen, Sehnen und Muskeln schonen würde – das tut es ohnehin, das Leise-Laufen – doch hierum geht es nicht. Es geht nicht um Nutzen oder Zweck, nicht um Ertrag oder Erfolg. Laufe leis, sanft, der Erde zuliebe, auf der zu sein Dir gestattet ist. Laufe leis, weil Du ein Stampfen ihr nicht zumuten möchtest. Weil Du Ihre Sehnsucht nach Harmonie und Übereinstimmung wahrnimmst. Weil in allem, was Du tust sich Dankbarkeit ausdrücken soll, ihr gegenüber. Dankbarkeit für ihre Duldsamkeit, für die Kraft und Geborgenheit, die sie Dir schenkt. Dankbarkeit dafür, daß sie Dich nährt, Dir Raum gewährt.

Und darum laufe!