Licht

Die Dämmerung setzt ein. Ein Lauf am frühen Morgen. Aus der Nacht heraus laufe ich in den aufgehenden Tag hinein. Halb nur bin ich wach. Schlaftrunken laufe ich wie von allein. Ich erinnere einen Traum, den ich in der letzten Nacht geträumt habe. Bilder und Symbole erscheinen vor meinem inneren Auge. Ich denke über die Bilder nach und gelange zu einer Deutung, die mir schlüssig erscheint. eine Deutung, die Bilder, Gefühle und Vorgänge zu einer Gestalt zusammenführt. Immer soll die Gestalt geschlossen sein, möglichst eindeutig und ohne Widerspruch. Meine Deutung verbindet den Traum mit Ereignissen und Begebenheiten aus meinem Leben. Beziehungen, Gefühle, Begebenheiten. Dabei ist es immer so, dass mich eine innere Berührtheit ergreift. Nur, wenn ich berührt bin, gehe ich einer möglichen Deutung nach. Nur, wenn ich berührt bin, messe ich der Deutung eine Wahrheit bei. Viele ganz andersartige Deutungen sind vorstellbar. Doch ich weiß ganz genau, was für mich wahr ist und was nicht. Mal ist die Deutung bestätigend, ein anderes Mal ist sie eine Art Spiegelbild, welches mir bisher Ungesehenes vor Augen führt. Ganz sicher sinken in dem Meer an Wahrheit die mich nicht berührenden Bilder in der Schwere ihrer Bedeutungslosigkeit zum Meeresgrund hinab. Ich lasse sie los, ohne Reue, ohne Bedenken. Was von Bedeutung ist, es ist licht, hell und aufsteigend.

Und darum laufe!

Still

Es ist nicht so, dass die Dinge nicht fortwährend gesprochen hätten, sich offenbart hätten, sich zugeneigt hätten, um ihr Wesen zu offenbaren. Doch den Dingen gegenüber still zu werden, bedeutet, sich zu öffnen und die Wahrnehmung setzt ein. Das Feine, das so leicht vertriebene, das, was so schnell schweigt, ist nun zu hören. Lausche! Für einen Moment offenbart sich die Schönheit, denn ich bin schön geworden in meiner inneren Stille. Ich bin anwesend, ohne Werden oder Vergehen. Ergeben und leer. Darin bin ich frei, um die Freiheit der Bäume zu verstehen. Darin schön, um die Schönheit des Wassers zu verstehen. Darin groß, um die Größe des Käfers mit seinen glänzenden Flügeln zu verstehen. Darin scheu, um den Blick des vorbeilaufenden Tieres zu verstehen. Um überhaupt zu verstehen, so sehr, dass ich im folgenden Moment meinen werde, ich träumte. So oft und immer wieder: Ich träumte wohl! Der Traum war ein in Geborgenheit und Sanftheit sich offenbarender Traum der Schönheit. Ein Traum der Schönheit, die all die Irritation, die Angst und den Schmerz nur deshalb benötigte, um sich zu zeigen. Um zu zeigen, dass dieser Traum die eigentliche Wahrheit ist. Die Verbundenheit von Allem mit Allem als die eigentliche Wahrheit. Die Wahrheit, die mich so leicht wieder in den Traum meines Seins entlässt. In den Traum, in dem ich meine, mich mühen zu müssen. In dem ich meine, mich ängstigen zu müssen. In dem ich meine, mich eilen zu müssen. In dem ich meine, mich fremd fühlen zu müssen. Doch diese Erfahrung ist wahr, ebenso wie jene. Die aus der Stille entspringende Erfahrung belegt sich mit den vielen Wundern, die sich ereignen, die mich begleiten und die ich wieder loslasse und vergesse. Es sind immer Wunder der Begegnung. Es sind Wunder, in denen alles spricht, alles wahr ist und mein Wissen von der Wahrheit umfassend ist. Und es ist so einfach, dass ich mich stets wieder daran erinnern mag: Ich erschaffe in mir die Schönheit, werde schön und empfange daraufhin die Schönheit der Welt, die sich nun mir zuneigt. Die Schönheit, die nur darauf gewartet hat, dass ich endlich komme, um sie anzusehen und zu lauschen. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass dieser Traum wiederkehrt. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass in den Traum einzutauchen, ganz leicht gelingt und dann über Wochen und Monate nicht mehr. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass es meiner freien Entscheidung obliegt, in mir alles so zu bereiten, dass ich in den Traum eintauchen kann. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass ich mich nicht in dem Traum verlieren muss und dass zu träumen keine Flucht darstellen muss. Ebensowenig ist von der Hand zu weisen, dass die Wüste meines Seins mich austrocknet und in ihrer Gewalt mich zwingen will. Nichts ist von der Hand zu weisen. Auch und zuletzt nicht die Souveränität, in der ich hier stehe und laufe.

Und darum laufe!

Laufmeditation

Wir können gemeinsam laufen und dabei meditieren. Du wirst etwas sehen vor Deinem inneren Auge. Das sind Deine Bilder, von Dir erschaffen. Ich kann Deine Bilder nicht sehen. Vielleicht gibt es Menschen, die das können. Ich kann spüren, was Dir Deine Bilder bedeuten, wenn Du mir von ihnen erzählst. Im Moment Deiner Erzählung kann ich spüren, was an Deinen Bildern wahrhaftig ist, wenn Du es mir erlaubst. Das kann ich Dir dann bestätigen, mehr nicht. Du hast in allem die freie Wahl. Du bist der Schöpfer und kannst entscheiden, ob Du Deine Schöpfung annehmen möchtest. Die Bilder können Dir helfen eine Entscheidung zu treffen.

Träume und Bilder, die Du vor Deinem inneren Auge siehst, können vieles sein. Deshalb ist es ratsam, ihnen gegenüber aufmerksam zu sein und sie zu prüfen. Immer wieder. Sie können Wünsche sein – Du malst Dir aus, was Du begehrst. Sie können Symbole sein – Du erschaffst Zeichen, die Dir über die Deutung eine Lösung für eine Frage anbieten. Sie können Visionen sein – Du siehst Ereignisse der Vergangenheit oder der Zukunft. Hierin liegt eine große Verantwortung. Sie können Botschaften sein – Du empfängst Hinweise der geistigen Welt. Sei dankbar hierfür, erweise Dich würdig, das genügt.

Sie können aber auch ein Spiel sein, ohne Sinn. Bedeutungslos. Auch Schreckensbilder, die Dich verunsichern, Dich hinabziehen. Diese Bilder lass einfach fallen. Lass sie los, lass sie sein. Miss ihnen nicht zu viel Bedeutung bei. Sei dankbar dafür, geängstigt zu sein, dankbar, dass diese Bilder Dich daran erinnern, dass es die Angst gibt. Erweise Dich als Meister, indem Du diesen Bildern keine Macht über Dich gewährst. Du kannst mit ihnen arbeiten und sie wandeln. Du kannst sie steuern, auch während Du schläfst. Es erfordert Aufmerksamkeit und zuvor Disziplin. Das ist schon alles. Im Wachzustand den eigenen Gedanken gegenüber souverän zu sein bedeutet, auch hier in Träumen und Visionen die eigene Souveränität wahren zu können. Oder aber sie aushalten und ihnen die Chance geben ihr wahres Gesicht zu zeigen. Sei aufmerksam und entscheide die dunklen Bilder zu wandeln in lichtere, schönere Bilder der Herrlichkeit.

Und darum laufe!